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AG Bergisch Gladbach – Urteil in Sachen Gewerbeauskunft-Zentrale (GWE GmbH)

Publiziert am 13. September 2011 von

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AG Bergisch Gladbach – Urteil vom 28.07.2011, Aktenzeichen 60 C 182/11

Urteil AG Bergisch Gladbach 60 C 182/11Seit kurzem weist die GWE Wirtschaftsinformationsgesellschaft mbH (besser bekannt unter der Bezeichnung Gewerbeauskunft-Zentrale) in ihren Mahnschreiben auf ein weiteres Urteil hin, welches sie zu ihren Gunsten erstreiten konnte. Das neuerliche Urteil – datierend vom 28.07.2011 – erging vor dem Amtsgericht Bergisch Gladbach zu dem Aktenzeichen 60 C 182/11.

In einem Telefonat mit der GWE in der letzten Woche baten wir um Übersendung einer Ablichtung des Urteils, welche uns nun am heutigen Tage per Fax zugesandt wurde und uns im Volltext vorliegt. Leider fehlen an den Enden der Seiten 2 und 3 der uns übersandten Kopie des Urteils vermutlich jeweils mindestens eine Zeile, was wir in dem nachstehenden Urteilstext durch eckige Klammern gekennzeichnet haben.

Im Anschluss an den Urteilstext finden Sie unsere rechtliche Einschätzung dieser Entscheidung, welche, soviel darf vorweggenommen werden, nicht mit der des AG Bergisch Gladbach konform geht.

60 C 182/11

 Amtsgericht Bergisch Gladbach

Im Namen des Volkes

Urteil

 In dem Rechtsstreit

der GWE-Wirtschaftsinformationsgesellschaft GmbH, vertr. d. d. Gf Sebastian Cyperski, Hauptstr. 34, 40597 Düsseldorf,

Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Schmitz, Witte u.a., Alfredstraße  68-72, 45130 Essen

g e g e  n

die XXX

Beklagte,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte XXX

hat das Amtsgericht Bergisch Gladbach

im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am

28.07.2011

durch die Richterin am Amtsgericht Tettinger

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 569,06 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.11.2011 zu zahlen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird nicht zugelassen.


Tatbestand

Der Tatbestand ist gemäß § 313 a ZPO entbehrlich.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 569,06 € aus dem Vertrag vom 17. 11.2010.

Der Vertrag ist nicht gemäߧ 142 Abs. 1 BGB von Anfang an nichtig. Die Beklagte hat nicht wirksam die Anfechtung des Vertrages erklärt.

Ein Anfechtungsgrund gemäß § 123 Abs. 1 BGB liegt nicht vor. Die Klägerin hat die Beklagte nicht arglistig über die Kostenpflicht und die Vertragslaufzeit getäuscht.

§ 123 BGB erlaubt die Anfechtung einer Willenserklärung, wenn der Betroffene zu deren Abgabe durch arglistige Täuschung bestimmt worden ist. Das setzt voraus, dass er sich bei Abgabe seiner Willenserklärung über einen Umstand geirrt hat, weil ein anderer eine Täuschung begangen hat, sowie dass der Irrtum den Entschluss zur Abgabe der Willenserklärung veranlasst hat, wobei es ausreicht, wenn die Täuschungshandlung eine von mehreren Ursachen ist und die Entschließung lediglich beeinflusst hat (BGH NJW-RR 2005, 1082 m.w.N.) Die Täuschungshandlung kann in der Angabe bestehen, die Tatsachen vorspiegeln, […] geeignet ist, den entstandenen Irrtum hervorzurufen und hierdurch den Entschluss zur Abgabe der Willenserklärung zu beeinflussen, kommt als Täuschungshandlung aber auch jede andere Handlung in Betracht, wenn der Handelnde sich der Eignung bewusst ist (BGH, VersR 1985, 156) oder jedenfalls mit der Möglichkeit rechnet, der Gegner werde bei Kenntnis die Willenserklärung nicht oder nicht mit dem gewünschten Inhalt abgeben (BGH NJW 2005, 1082 m.w.N.), und er gleichwohl die Handlung mit dem Willen vornimmt, den Irrtum hervorzurufen und den Gegner zur Abgabe der Willenserklärung zu veranlassen. Denn dann ist der bereits bei bedingtem Vorsatz gegebene Täuschungswille vorhanden, der die Arglist i.S. des § 123 BGB kennzeichnet (BGH NJW 2005, 1082 m.w.N.). Enthält das Schreiben objektiv falsche Angaben, wird insoweit bereit hieraus auf den erforderlichen subjektiven Tatbestand geschlossen werden können.  Der Schluss auf den erforderlichen subjektiven Täuschungswillen wird dann möglich sein, wenn  erkennbar für den Adressaten wichtige Umstände verschwiegen sind, obwohl eine Offenbarungspflicht besteht (BGH NJW 2005, 1082 m.w.N). Die wesentlichen Vertragsmerkmale lassen sich aus dem Anschreiben b.z.w. aus den einbezogenen AGB entnehmen. Der monatliche Preis 39,85 € ergibt sich aus dem Anschreiben und die Vertragslaufzeit ist aus den AGB zu entnehmen. Vor diesem Hintergrund kann somit nicht auf einen Täuschungswillen der Klägerin geschlossen werden.

Damit rückt die Frage in den Blickpunkt, ob aus der Art und Weise, wie die Vertragslaufzeit und das zu zahlenden Entgelt in dem Anschreiben dargestellt sind, auf den erforderlichen Täuschungswillen der Klägerin geschlossen werden kann. Ein Täuschungswille kann nicht schon deshalb ohne weiteres angenommen werden, weil die Darstellung zur Irreführung geeignet ist. So kann eine irreführende Darstellung beispielsweise auch auf einem bloß ungeschickten Vorgehen bei der Formulierung beruhen, das allein nicht Ausdruck einer arglistigen Täuschung ist (BGH NJW 2005, 1082 m.w.N.). Bei lediglich irreführender Darstellung wird es deshalb vor allem darauf ankommen, wie stark  die maßgeblichen Punkte verzerrt oder entstellt wiedergegeben sind und ob vom Absender wegen des Grads der Verzerrung oder Entstellung hätte erwartet werden können, dass Adressaten die wahren Umstände nicht richtig oder nicht vollständig erkennen können. Bejahendenfalls wird eher darauf geschlossen werden können, dass das Schreiben tatsächlich in der Erwartung, dass die Adressaten sich irren, und in dem Bewusstsein und mit dem Willen zu täuschen, abgesandt wurde, als wenn das Schreiben nur eine geringe Irreführungsgefahr in sich birgt. Die Beurteilung ist der tatrichterlichen Würdigung überlassen. Eine Irreführungsabsicht der Klägerin ist nach Ansicht des Gerichts nicht […] der beinhaltet, dass sich die Beklagte vor rechtsverbindlicher Unterzeichnung eines Schriftstückes erschöpfend – auch was das Kleingedruckte anbelangt – vergewissert, welche Wirkung hierdurch hervorgerufen wird.

Ein Anfechtungsgrund nach § 119 Abs. 1 BGB liegt ebenfalls nicht vor. Denn zur Anfechtung nach § 119 Abs. 1 BGB rechtfertigt nur die unbewusste Unkenntnis. Wird die eine Urkunde ungelesen unterzeichnet, hat der Unterzeichnende kein Anfechtungsrecht (vgl. Palandt, BGB, 69. Auflage, § 119 Rn. 9 m.w.N.). Dies gilt auch, wenn der Erklärende sich mit dem Inhalt eines Angebotes nicht hinreichend vertraut gemacht hat (OLG Hamm, Urteil vom 08.05.2008, 28 U 1/08).

Der Vertrag ist auch nicht nichtig gemäß § 138 Abs. 1 BGB. Der Vertrag  ist nicht sittenwidrig. Insbesondere ergibt sich die Sittenwidrigkeit, anders als von der Beklagtenseite ausgeführt, nicht aus der der Klägerseite vorgeworfenen Täuschung. Wegen der vorstehenden Ausführungen kann gerade nicht von einer Täuschungshandlung der Klägerin ausgegangen werden.

Der Vertrag ist nicht nichtig gemäß § 138 Abs. 2 BGB. Selbst wenn Leistung und Gegenleistung in einem Missverhältnis stehen, kann § 138 Abs. 2 BGB nicht bejaht werden, da die Beklagte als Kaufmann nicht geschäftlich unerfahren ist. Eine Zwangslage ist ebenfalls nicht erkennbar.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus Verzug.

Die Kostenentscheidung und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert wird auf bis zu 600,00 EUR festgesetzt.

Tettinger

 

Das Urteil aus unserer Sicht:

Wie bereits das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 06. Juni 2011 (114 C 128/11) so ist auch die vorstehende Urteilsbegründung in einigen Punkten äußerst fragwürdig.

Die erste Frage, welche sich aufdrängt, ist abermals diejenige nach dem Gerichtsstand. Gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, welche die GWE umseitig auf Ihren fragwürdigen Vertragsangebotsschreiben abbildet und die auch auf der Homepage der GWE einsehbar sind, soll Düsseldorf der Gerichtsstand für Rechtsstreitigkeiten sein (hier lassen wir mal außer Acht, dass uns aufgefallen ist, dass in späteren, angeblichen Kopien dieser Schreiben, sich das Wort Düsseldorf wie von Zauberhand plötzlich in Burgwedel gewandelt hat) vereinbart.

Diese Gerichtsstandvereinbarung führt dazu, dass weder das Amtsgericht Köln, noch das Amtsgericht Bergisch Gladbach örtlich zuständig gewesen wären. Die jeweiligen Beklagten hätten durch eine einfache Zuständigkeitsrüge den Rechtsstreit nach Düsseldorf verlegen lassen können. Es ist für uns unverständlich, dass dies nicht geschehen ist, hat doch die GWE in Düsseldorf bereits vor dem dortigen Amtsgericht einen Rechtsstreit verloren (AG Düsseldorf vom 30. Juni 2011, 28 C 15346/10).

Auch eine Kammer des Landgerichts Düsseldorf hat recht deutlich erhebliche Bedenken an den angeblichen „Angebotsschreiben“ der GWE in einem (noch nicht rechtskräftigen) Urteil vom 15. April 2011 geäußert (LG Düsseldorf, 38 O 148/10).

Für uns ist aufgrund dessen durchaus nachvollziehbar, warum die GWE, entgegen Ihren eigenen AGBs, Klageverfahren lieber nicht in Düsseldorf führen möchte. Die rügelose Einlassung der jeweiligen Beklagten ist uns hingegen ein Rätsel, welches zu denken gibt.

Davon abgesehen setzt sich das oben zitierte Urteil des AG Bergisch Gladbach zwar mit der Anfechtung des vermeintlichen Vertrages auseinander und lehnt diese im Ergebnis ab. Jedoch weist das Gericht auch darauf hin, dass sich dieses Ergebnis lediglich auf die eigene tatrichterliche Würdigung stützt. Vor einem anderen Gericht könnte die Entscheidung daher ebenso gut gegenteilig ausfallen.

Bedenklich finden wir vor allem die Begründungen, mit welchen das Amtsgericht Bergisch Gladbach eine Täuschungshandlung durch die GWE ablehnt. Das Amtsgericht scheint es für unbedenklich zu erachten, dass sich der Monatsbetrag lediglich im Kleingedruckten auf der Vorderseite des Schreibens befindet und sich erst in Zusammenschau mit den umseitig abgebildeten AGBs erkennen lässt, dass diese Kosten aufgrund einer Vertragslaufzeit von zwei Jahren 24 mal anfallen sollen. Dies hat das Landgericht Flensburg (Urteil vom 8. 2. 2011, Az.: 1 S 71/10) in einer ähnlich gelagerten Angelegenheit mit – wie wir finden – zutreffender Begründung bereits anders gesehen. Nach Ansicht des LG Flensburg, verstößt ein derartiges Vorgehen gegen das Transparenzgebot.

Uns ist schleierhaft, weshalb die Amtsgerichte Bergisch Gladbach und Köln die in vergleichbaren Sachen bereits ergangenen landgerichtlichen Entscheidungen und insbesondere deren Begründungen offenbar völlig unbeachtet gelassen haben. Eine eingehendere Auseinandersetzung mit der Problematik hätten wir für angezeigt gehalten.

Nach unserer rechtlichen Auffassung sprechen nach wie vor die überzeugenderen juristischen Argumente gegen die vermeintlichen Ansprüche der Gewerbeauskunft-Zentrale. Aufgrund der vorstehend dargestellten Bedenken, vermögen die beiden amtsgerichtlichen Entscheidungen an unserer bisherigen Einschätzung jedenfalls nichts zu ändern. Wir halten es weiterhin für sinnvoll und aussichtsreich, sich gegen derartige Forderungen rechtlich zur Wehr zu setzen.

Abschließend bleibt im Sinne aller Gewerbetreibenden, Freiberufler und Institutionen zu hoffen, dass eine derartige Rechtsprechung, wie sie vorliegend das AG Bergisch Gladbach und das AG Köln vertreten haben, keine Schule macht. Anderenfalls stünde zu befürchten, dass sich in Zukunft die Betroffenen vor einer Flut von derartigen (vermeintlichen) Angebotsschreiben nicht mehr retten können. Ein ordentlicher Geschäftsbetrieb wäre ernsthaft gefährdet und dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet.

Gern helfen wir Ihnen bei der Abwehr derartiger Forderungen mit unserer kostenfreien anwaltlichen Erstberatung. Wir sind eine auf das IT- und Internetrecht ausgerichtete Anwaltskanzlei mit mehrjähriger Erfahrung bei der Abwehr einer Vielzahl derartiger Abofallen-Fälle.

Sie erreichen uns unter unserer kostenlosen
Anwaltshotline 0800 10 10 36 6
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– auch an Wochenenden –

Alternativ können Sie unseren Rückrufservice nutzen, indem Sie einfach auf den entsprechenden Knopf im rechten oberen Bereich unserer Homepage klicken. Hinterlassen Sie uns dort Ihren Namen und eine Kontaktmöglichkeit und wir werden uns umgehend bei Ihnen melden.

4 Kommentare to “AG Bergisch Gladbach – Urteil in Sachen Gewerbeauskunft-Zentrale (GWE GmbH)”

  1. Tatjana F. sagt:

    Bin auch in diese Falle geraten, weil ich dachte es sei ein Fragebogen wie die Volkszählung. Von Kosten und soweiter habe ich nichts erkennen können.
    Ich habe per Fax wiederrufen, allerdings nach 15 Tagen und nun ist die letzte Außergerichtliche Anforderung per Post gekommen.
    Können Sie mir helfen?

    Viele Grüße

  2. T., Cornelia sagt:

    Guten Tag,
    während meines Urlaubes wurde das Formular Gewerbeauskunft-Zentrale mit Unterschrift versehen verschickt. Es kam eine Rechnung, die ich nicht beglichen habe, da ich jedes Mal diese Auskunftsformulare in den Papierkorb werfe. Leider hat eine zu korrekte Mitarbeiterin dies nicht gemacht. Jetzt kommen natürlich Mahnungen. Was sollen wir tun ???.

    • RA Fritzsch sagt:

      Sehr geehrte Fragestellerin,

      am Besten wäre es, wenn Sie uns auf unserer Hotline unter 0800 10 10 36 6 anrufen. Im Rahmen unseres kostenlosen telefonischen Erstberatungsgespächs können wir Ihnen schnell und verständlich die Chancen und Risiken einer Vorgehensweise gegen die Forderung der GWE erläutern.

      Mit freundlichen Grüßen

      Fritzsch

  3. Hella R. sagt:

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    auch ich bin Opfer der GWE geworden. Mit erstaunen und Interesse habe ich die
    Kommentare der anderen Opfer gelesen. Ich würde gerne gegen die Machenschaften
    dieser Firma vorgehen und hoffe auf Ihre Unterstützung.
    Mit freundlichen Grüßen Hella R.

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